Warum riecht mein Leitungswasser nach Chlor?

Na, ganz einfach: Weil es gechlort wurde. Ob und in welchem Umfang das Leitungswasser in Ihrem Wohngebiet mit dieser chemischen Substanz versetzt wird, erfahren Sie bei Ihrem Wasserversorger, den Sie anrufen oder auf dessen Internetseite Sie es nachlesen können. In anderen Ländern, z.B. in den USA, Spanien, Russland oder Großbritannien wird aufgrund schlechterer Rohwasserqualität, wärmeren Klimas und/oder schlechten Zustands der Trinkwassernetze deutlich mehr Chlor ins Trinkwasser gegeben. Die gesundheitlichen Risiken durch die Zugabe der Chemikalie sind jedoch nicht zu unterschätzen.

Die Chlorung des Trinkwassers durch die Wasserwerke ist in Deutschland durch die Trinkwasserverordnung gesetzlich geregelt. Es dürfen dem Wasser maximal 0,2mg/Liter Chlor (in Form von Natriumhypochlorit, Calciumhypochlorit, Chlorgas oder Chlordioxid) zugegeben werden.

Im Regelfall liegt der Wert zwischen 0,1 und 0,2mg/l. Die Chlorzugabe ist vergleichsweise billig und nur eine von mehreren möglichen Maßnahmen des sogenannten Multibarrieren-Systems zum Schutz des Trinkwassers vor einer Kontaminierung mit Krankheitserregern.

Das Wasser wird in Deutschland jedoch nicht flächendeckend desinfiziert: Laut Umweltbundesamt gilt die Wasserversorgung in Berlin, München, Zürich und anderen Großstädten auch ohne Chlor als sicher. Es gibt jedoch Ausnahmesituationen. In besonderen Fällen z.B. nach Rohrbrüchen oder aufgrund einer erkannten Kontaminierung von Tiefbrunnen durch von der Oberfläche eingetragene Fäkalkeime wird auch das Berliner Trinkwasser zumindest in Teilen des Stadtgebietes für einige Zeit gechlort.

Sobald die Ursache behoben ist und bei Probenahmen keine Erreger mehr nachgewiesen werden – meist ist das bereits nach einigen Wochen der Fall – wird die Zugabe der Chemikalie wieder eingestellt.

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Ist Chlor im Leitungswasser schädlich?

Jede Chlorung belastet das Trinkwasser mit Desinfektionsnebenprodukten (Trihalogenmethane »THM«, Chloramine), deren Nebenwirkungen im Körper nicht vollständig erforscht sind. Zwar heißt es von offizieller Seite stets, dass aufgrund der geringen Dosierung von Chlor im Trinkwasser keine gesundheitlichen Risiken für den Menschen bestehen. Es ist jedoch eine Tatsache, dass diese Chemikalien in hohen Konzentration giftig für den menschlichen Organismus sind und niemand genau weiß, wann mit Folgen zu rechnen ist.

Besonders Schwangeren und Müttern von Säuglingen wird deshalb geraten, Alternativen zu dem gechlorten Wasser zu finden. Denn auch über die genauen Auswirkungen, die Chlor im Trinkwasser auf ungeborene Babys oder Säuglinge hat, sind sich Experten größtenteils uneinig. Erkrankungen wie Hirnstörungen und Löcher in der Herzscheidewand wurden ebenso mit dem Konsum von Chlor in Verbindung gebracht wie eine krebserregende Wirkung.

In den USA ist die Belastung des Trinkwassers mit dem oben genannten THM etwa zehnmal so hoch wie in Deutschland – ein Trinkwasserfilter gehört dort deshalb zur Grundausstattung der meisten Privathaushalte.

 

Bald mehr Chlorung in Deutschland?

Wachsender Kostendruck auf dem in Richtung Privatisierung driftenden europäischen Wassermarkt lässt Befürchtungen aufkommen: Wird auch hierzulande zukünftig mehr auf billige Chlorung anstelle von Investitionen in den Erhalt der Trinkwassernetze und die Stärkung des Multibarriere-Systems gesetzt?

Trinkwasser ist meines Erachtens kein »Produkt« wie jedes andere, sondern ein Allgemeingut, das genauso wie die Luft zum Atmen von uns allen zu schützen ist. Es darf nicht dem privaten Profitinteresse geopfert werden. Nun kann man argumentieren, dass sich in Deutschland und Frankreich der Trend zur Privatisierung der Trinkwasserwerke und -netze in den letzten Jahren wieder umgekehrt habe. Immerhin hat das Land Berlin die Teilprivatisierung der Berliner Wasserbetriebe unter hohem Aufwand von Steuergeldern (mehrere hundert Millionen Euro) wieder rückgängig gemacht. Das Problem des Sparzwangs durch die chronische Geldknappheit der Kommunen ist durch den Rückkauf jedoch nicht verschwunden. Im Gegenteil: Der Kostendruck ist noch größer geworden.

Im Grunde ist es eine Ironie dieser Entwicklung, dass die Verschlechterung der Trinkwasserqualität wiederum dazu führt, dass neue Branchen entstehen, die durch den Verkauf von Lösungen (ich meine hier die Hersteller und Verkäufer von Wasserfiltern für Privatkunden – mich eingeschlossen!) für menschengemachte Probleme ihr Geld verdienen. Ich bin so gesehen ein Teil dieser Ironie. Ich halte es hierbei für besonders problematisch, wenn beim Verkauf von Trinkwasserfiltern mit Angst gearbeitet wird.

Wer sich tiefere Gedanken dazu macht, muss zu dem Schluss kommen, dass sich Kauf und auch Verkauf von Trinkwasserfiltern ethisch nur dann rechtfertigen lassen, wenn sich gleichzeitig jeder von uns durch sein tägliches (Konsum-)Verhalten um den Schutz des Wassers bemüht. Wir haben nämlich alle Anteil daran, wie der Zustand unseres Wassers heute ist.

 

Dorwarth-Tipp

Auch wenn es beim Auftreten von pathogenen Keimen aus seuchenhygienischer Sicht unverzichtbar sein mag: Eine Trinkwasserchlorung stellt einen gravierenden Eingriff in die Natürlichkeit des Wassers da, denn es werden alle – und somit auch die nützlichen – Mikroorganismen abgetötet. Ich empfehle daher eine (Wieder-)Belebung des gechlorten, toten Wassers durch Wasserbelebung.

Lösung des Problems: